Kolumne Medienwelt: Die Social-Media-Krankheit

Kolumne Medienwelt

Vor knapp einem Monat habe ich mich dazu entschieden, mir neben einer Facebook-Seite, die ich von Anfang an hatte, auch einen Twitter-Account für den Blog zuzulegen. Ich muss sagen: Twittern und Tweets von anderen zu verfolgen, macht ziemlich viel Spaß. Aber eine Sache finde ich richtig bescheuert, die sich scheinbar durch alle Sozialen Medien zieht, mir aber auf Twitter besonders aufgefallen ist.

Lesenswerte Statements in 140 Zeichen unterzubringen, ist eine echte Herausforderung, die mir als Schreiberling bis jetzt aber echt Spaß macht. Das sorgt auch dafür, dass man nirgends so tolle, auf den Punkt gebrachte Posts findet, wie auf Twitter. Was auch sehr unterhaltsam ist, ist bei Fernsehshows wie dem Eurovision Song Contest oder Schlag den Star die Tweets unter den zugehörigen Hashtags mitzuverfolgen. So hat man, selbst wenn die Sendung total langweilig ist, einen sehr lustigen Abend. So weit so wundervoll. Wäre da nicht das Thema Nummer 1 in sozialen Netzwerken: Follower.

Follow4Follow auf Twitter
Bei Twitter zeigt es ja bei jedem Account an, wie viele Follower er hat, aber auch wie vielen Accounts er selbst folgt. Manchen scheint es unglaublich wichtig zu sein, dass da die Balance stimmt und natürlich, dass die Follower-Zahl so hoch wie nur möglich ist. Man folgt 50 Leuten mehr, als man selbst Follower hat? Katastrophe! So scheinen einige zu denken. Das sieht man daran, dass (nicht nur bei mir, habe das auch schon von anderen gehört) die Follower-Zahl auf Twitter ständig hoch und runter geht. Mal kommen drei an einem Tag dazu, zwei Tage später hat man plötzlich wieder zwei weniger. Es gibt zahlreiche Twitternutzer, die anderen nur folgen, damit sie ihnen zurück folgen. Schaut man sich ihren Account an, haben sie oft mehrere hundert oder tausend Follower, folgen aber fast genau so vielen selbst. Dass man, wenn man beispielsweise 1055 Follower hat, selbst 1040 Personen folgt, ist ja wohl kein Zufall. Follow-for-Follow ist doch der größte Quatsch. Erstens: Follower erschummeln kann jeder. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Leistung. Zweitens: Was bringen einem 1000 Follower, wenn sich nur 50 davon wirklich dafür interessieren, was man tweetet? Das fällt dann anhand der like- und retweet-Zahlen von einzelnen Tweets sowieso irgendwann auf. Auf Instagram gibt’s diese Follower-Achterbahnfahrt wohl auch, wie ich vor kurzem auf dem wundervollen Blog „Die mit dem roten Lippenstift“ gelesen habe. 
Kurz nachdem ich mich bei Twitter angemeldet hatte, habe ich mir drei Youtube-Videos dazu, wie man mehr Follower bekommt, angeschaut. In nur einem davon wurden ehrliche Methoden, wie etwa mit anderen zu interagieren über Antworten auf deren Tweets, vorgestellt. Eines der Videos war besonders bekloppt. Über irgendeine Plattform klickt man wahllos auf Accounts, denen man dann folgt und bekommt dafür Credits, die man für Follower einlösen kann. Verlogener geht’s wohl nicht mehr.

Facebook und eine kleine Beichte
Ich muss aber zugeben: Als ich meinen Blog gestartet habe, war ich auf Facebook in einer Like-for-Like-Gruppe. Ich habe probiert, dort nur Seiten zu liken, die mich auch wirklich interessieren. In der Gruppe haben Leute ihre Seite gepostet und man konnte seine eigene darunter kommentieren, wenn man die Seite liken und dafür von der Person selbst einen Like bekommen wollte. Aber kaum hatte ich meine Seite unter einen Post in der Gruppe kommentiert, kamen irgendwelche Leute, die meine Seite geliket haben und verlangt haben, dass ich ihre auch like. Deshalb habe ich die Gruppe ziemlich schnell wieder verlassen. Jetzt habe ich etwa drei erschummelte Likes für meine Facebook-Seite, die noch nie einen Post von mir geliket oder kommentiert haben. Jippijuppi. Man muss Facebook aber zu Gute halten, dass es dieses Like-/Follower-Aufundab wie bei Twitter oder Instragram meiner Erfahrung nach nicht gibt – sofern man sich von bescheuerten Like-for-Like-Gruppen und -Aktionen fernhält. Es gibt auch in klassischen Facebook-Blogger-Gruppen immer wieder Leute, die ihren Instagram-, Snapchat- oder Twitter-Account posten und zu Follow-for-Follow aufrufen. Schwupps haben hundert Leute darunter kommentiert. Ich habe mal Folgendes in zwei solcher Gruppen gepostet: „Hallo zusammen, ich bin neu bei Twitter und auf der Suche nach Accounts zu den Themen Serien, Filme, Bücher und Journalismus! 🙂 Darüber blogge und tweete ich selbst auch. Falls jemand mal vorbeischauen möchte: https://twitter.com/MeinMedienguide.
Kurze Vorwarnung: Das ist nicht als Follow4Follow gemeint. Ich folge selbst nur Accounts, die mir auch wirklich gefallen (inklusive dem zugehörigen Blog), und würde mich freuen, auch selbst solche Follower zu haben, auch wenn das wahrscheinlich ein bisschen naiv ist ;-P.“ Ratet mal wie viele Menschen darauf reagiert haben? Einer.

Warum das ganze Theater?
Das Problem: Auf Blogs wird soo oft über Follower und Likes geredet beziehungsweise man muss sich einfach nur die Social-Media-Accounts mancher erfolgreicher Blogger anschauen, um ziemlich schnell Komplexe zu bekommen. Aber dann Likes und Follower zu erschummeln, um sich besser zu fühlen, ist doch vollkommen sinnlos. Da belügt man nicht nur andere, sondern vor allem sich selbst.

Welche Erfahrungen habt Ihr dazu gemacht?

11 Gedanken zu „Kolumne Medienwelt: Die Social-Media-Krankheit

  1. Ich hab deinen Blog gebookmarked, weil sich unsere Themen teilweise überschneiden.
    Alles andere bringt nichts, diese Gruppen sind völlig nutzlos. Allerdings ist es mit einem Blog ja auch schwer, ständig Leser anzuziehen. Und da nutzt man solche Werbung. Facebook nutze ich am aktivsten für meine Seite. Mir gefällt es einfach am besten. Aber vielleicht sollte ich mich mal stärker mit Twitter befassen.

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  2. Hi, ich habe dich (ganz oldschool) ueber deinen Kommentar in meinem Blog gefunden. Und nachdem ich den Text hier gelesen habe, auch direkt in meinen Reader gespeichert und bei Twitter gefolgt 😉

    Ich sehe das ganz aehnlich wie du: Ich habe lieber ein paar wenige, aber dafuer „echte“ Follower, die sich aber fuer das Interessieren was ich schreibe. Deswegen schaue ich mir meine Follower (oder im Blog eben Kommentierer) auch immer an und wenn die interessanten Kram machen, adde/folge/wasauchimmer ich denen dann eben auch. Ist ja wie im echten Leben, da habe ich auch lieber einen kleinen Kreis von engen Freunden als 100 Bekannte mit denen ich zwar feiern gehen kann, von denen aber kein einziger beim Umzug mit anpackt..

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  3. Ich bin auch noch ein relativer Twitter-Neuling und muss ganz ehrlich sagen, dass mir nicht in den Kopf möchte, was so toll an den immens hohen Follower-Zahlen ist. Nur, um damit das Ego zu streicheln? Welchen Vorteil bringt es mir? Macht es mich in meinem Tun relevanter?

    Ich unterstelle bei jedem Account, der im hohen dreistelligen Bereich und höher angekommen ist, dass er gar nicht mehr alles lesen kann, was da so getweetet wird. Könnte ich ja auch nicht. Man macht ja noch was anderes als Twitter.

    Und, wie schon gesagt wurde, diese Accounts, die laufend folgen und wieder entfolgen, kenne ich auch. Anfangs habe ich auch „brav“ zurückgefolgt, was dann aber allzu oft in Dauerwerbung endete. Muss ich nicht haben.

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    • Das glaube ich auch, dass einem so eine hohe Followerzahl nur über den Kopf wächst.
      Und wenn man viele Follower will, um stolz auf sich sein zu können, dann sollte man die mit guten Tweets und interessanter und aufrichtiger Interaktion mit anderen Twitterern gewinnen. Darauf kann man dann wenigstens wirklich stolz sein.

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  4. Sehe ich wie du.
    Ich folge SEHR gerne dann zurück, wenn ich feststelle: Cool, mir folgt da jemand, der echt tolles Zeug macht und den ich sonst nie entdeckt hätte.
    Aber ich folge nicht allem und jedem. Ein Account ist mir schon drei mal gefolgt und wieder entfolgt, weil ich nicht zurückgefolgt habe. Aber wenn mich die Themen (Esoterik, Lebenshilfe, sowas) nun mal kein bisschen interessieren… *schulterzuck*
    Gerade bei Twitter gibt das nur einen vermüllten Feed 😉.
    Und Facebooklikes ohne Interaktion sind wertlos. Womit du nicht interagierst, wird ja Logarithmus sei dank gar nicht in deinem Feed auftauchen.
    Also ebenfalls sinnlos.

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